Freitag, 30. Juli 2010

Von Bäumen und Bloggern

Plant a tree, Baum, Cardboard, NKFOM
Beim Klicken durch die Blog-Welt, fiel mir ein schicker, grüner, runder Button immer wieder ins Auge. Vielversprechend gab er bekannt, dass dieser oder jener Blog CO2 neutral sei. Das gab mir zu denken und mich interessierte sehr, was es damit auf sich hat. Bei meiner intensiven Google-Recherche lernte ich die Hintergründe kennen und ich bin so überrascht wie skeptisch.

Die grundsätzliche Idee hinter dem Projekt ist es, dass für jeden, der diesen Button in seinen Blog aufnimmt, ein Baum gepflanzt wird. Ich denke wir können uns darauf einigen, dass es ohne Einschränkungen gut ist einen Baum zu pflanzen. Nicht nur der Volksmund weiß, das dies eine der drei Dinge sind, die man(n) tun sollte, auch in der Kunst veranlasste etwa Joseph Beuys die Pflanzung von 7000 Eichen mit seiner Forderung 'Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung.' Der gepflanzte Baum, so die Rechnung des angesprochenen Projektes, gleicht in etwa die Menge CO2 aus, welche durch das Betreiben eines Blogs verursacht wird. Bei der zu simplen und gleichfalls spekulativen Gleichung werden Studien des Physikers Alex Wissner-Gross und Angaben der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen miteinander verrechnet. Hin oder her, es bleibt dabei, einen Baum pflanzen ist gut. Klickt man auf besagten Button, gelangt man selbstverständlich zu der betreffenden Seite, welche mit dem stolzen Ziel "Gemeinsam 1 Million Bäume retten" wirbt. Was mich jetzt noch interessierte war, wer hinter diesem Projekt steckt. Ein unbekannter Philanthrop? Al Gore? Poison Ivy?

Nein, leider nicht, sondern eine sehr beeindruckende Werbekampagne. Bereits in der URL erfährt man nämlich, aus welchem Haus diese Aktion stammt: Ein Werbeportal, welches online die großen Discounter, Möbelhäuser und Baumärkte in der Nähe des Verbrauchers - dank erkennens der IP-Adresse - bewirbt und die aus der Briefkastenwerbung bekannten Prospekte online zur Verfügung stellt. Und im nicht zuverändernden HTML-Code des Buttons liest sich bereits die Zeile "Prospekte und Sonderangebote - CO2 neutral bei Firmenname.de". Letztlich lässt man also einen Baum für eine versteckte Werbung pflanzen. Aber das Pflanzen eines Baumes ist doch uneingeschränkt gut, oder?

Ich habe mich gefragt, wo der Zusammenhang sein könnte und bin fündig geworden. Von den angestrebten eine Million Bäumen sind lediglich 750 zur Pflanzung durch die Online-Verlinkung vorgesehen. Wie werden die anderen Bäume geplanzt? Durch Sticker. Die lassen sich kostenlos ordern, tragen den Schriftzug "Bitte keine Werbung! Ich schütze unsere Umwelt" und sollen auf dem heimischen Briefkasten angebracht werden. Allerdings steht auf dem Sticker auch der Zusatz "Ich informiere mich online bei 'Firmenname.de'". Was geschieht hier? Das Werbeportal im Netz ist fraglos der größte Konkurrent der Regionaldruckereien, deren täglich Brot es ist, die ungeliebten Prospekte der lokalen Anbieter zu produzieren und zu verteilen. Durch den vordergründig umweltbewußten Bitte-keine-Werbung-Sticker, wird diesem natürlich der einzige Zugang versperrt. Das ist brilliante Öffentlichkeitsarbeit und Ausstechen der Konkurrenz mittels einer mir bis dato neuen Variante der Grünfärberei, einer so erfolgreichen wie irrefürhenden Strategie zahlloser PR-Abteilungen, um den jeweiligen Konzern im (grünen) Licht von Umweltfreundlichkeit und Umweltbewußtsein erstrahlen zu lassen.

Darüber, in welche Richtung der Schritt des Onlinewerbers im Gegensatz zu der Printwerbung geht, ob man diese Werbung letztlich überhaupt benötigt, und was sich sonst noch darum dreht, möchte ich an dieser Stelle nichts sagen. Es erscheint mir überheblich und ein Überschreiten meiner Kompetenz, hier Urteile fällen zu wollen. Was ich jedoch sicher sagen kann ist, dass man für einen werbefreien Briefkasten ganz sicher kein Unternehmen, welches mir in einem Briefumschlag zwei Sticker mit ihrer Werbung auf dem Postweg zusendet benötige, sondern Klebeband und einen Stift. Und wie sieht es mit dem Baum aus? Natürlich bleibe ich dabei, dass es uneingeschränkt gut ist, einen Baum zu pflanzen. Aber das kann ich auch irgendwo in meiner Umgebung tun und ihm dabei zusehen wie er wächst und gedeiht. Und wer dazu tatsächlich keine Möglichkeit hat, der kann bereits mit einem Euro diese Initiative unterstützen, und Kindern weltweit helfen, Bäume zu pflanzen. Stop talking, start planting. Guter Punkt.

2 Kommentare:

  1. Das ist ein in höchstem Maße philosophischer Text. Woran man das erkennt? An der Formulierung "uneingeschränkt gut", was sich übrigens auch über den Text sagen lässt.

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  2. Noch besser: wenn die Information über das Projekt jetzt noch nicht er-google-t, sondern er-forestle-t oder er-znout-et gewesen wäre..

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