Montag, 8. November 2010

Arbeitstitel: Ernährung

„Ernährung“ lautete der Arbeitstitel für den heutigen Beitrag. Schon seit einiger Zeit befasse ich mich etwas mit diesem Thema und finde, dass es besonders in einem Foodblog nicht zu kurz kommen sollte, der sich auf die Fahnen schreibt „Alltagsküche“ kochen und bloggen zu wollen. Zudem habe ich laut einiger fragwürdiger Messinstrumente nicht gerade „Optimalgewicht“ und überlege, wie ich diesem denn ein wenig näher kommen könnte.

In den Medien ist das Thema Kochen fast allgegenwärtig, weil es schwer im Trend liegt, sich damit zu befassen. Auf der einen Seite findet sich eine ganze Reihe von Kochshows. Mal mit Sterneköchen, mal mit Hobbyköchen. Die dort gekochten Gerichte sind nur in wenigen Fällen alltagstauglich und spielen mit Produkten, die aus den unterschiedlichsten Gründen für die tägliche Küche kaum zu gebrauchen sind. Entweder, weil sie schwer zu bekommen oder viel zu exklusiv und somit auch zu teuer sind. Von regionalen und saisonalen Aspekten mal ganz abgesehen. Positiv festzuhalten ist aber, dass die Fernsehköche sich für qualitativ hochwertige Produkte einsetzen und den Verzicht von Geschmacksverstärker und sonstigen E-Nummern propagieren. Das hilft dabei dieses leidige Thema populär zu machen und die Lebensmittelindustrie etwas unter Druck zu setzen diesen Mist einfach mal abzuschaffen oder wenigstens vernünftig zu kennzeichnen. Ganz bitter ist es allerdings zu sehen, wie angesehene TV-Köche ihren Namen und ihr Gesicht dann für Produkte hergeben, die genau in diese Schubladen gehören. Da haben der Ruf und die Glaubwürdigkeit von einigen Köchen schon sehr gelitten, finde ich.

Dem gegenüber steht das Thema Ernährung, das irgendwie sehr negativ belastet ist. Das mag auch daran liegen, dass in dieser Sparte das Schwarz-Weiß-Denken sehr ausgeprägt ist. Geht es um Gesundheit und Lebensmittel sind diese entweder gesund oder ungesund, gut oder böse. Es gibt zu oft Einteilungen in richtig oder falsch. Auch bei Diäten oder Ernährungsumstellungen heißt es meiner Meinung nach viel zu oft: „Das darfst du nicht!“ Das soll nicht heißen, dass diese Programme nicht funktionieren würden. Aber zu welchem Preis? Zudem sind viele Ernährungsprogramme mit Kalorienzählen und Punktezählen auch sehr aufwendig und verschärfen die Problematik des "Gut und Böse"-Denkens bei den Teilnehmern.

Die Prägung unseres Essverhaltens beginnt schon ganz früh im Kindesalter oder gar viel früher. Und dafür, dass gerade diese Jahre so wichtig sind wissen viele Menschen einfach zu wenig Bescheid über das Thema Ernährung, ich inklusive. Wer hätte gedacht, dass der übermäßige Gebrauch des Wortes „gesund“ im Zusammenhang mit Lebensmitteln bei Kindern negative Konsequenzen nach sich ziehen kann. Heißt natürlich nichts anderes, als dass das Schwarz-Weiß-Denken vielleicht mal abgeschafft werden sollte.

In Sachen Ernährungsumstellung und „was darf ich wann essen und wie viel davon?“ bin ich kürzlich auf Ernährungswissenschaftler und Buchautor Uwe Knop gestoßen, der zum einen sagt, dass eine Einteilung in „gesund vs. ungesund“ nicht angebracht ist, da viele Grundlagen dieser Einteilung wissenschaftlich nicht zu beweisen seien. Vielmehr geht es ihm um interindividuelle Unterschiede in den Bedürfnissen der Menschen. Jeder Jeck ist anders, oder wie heißt es so schön. Und geht es jetzt um Ernährung auf wen sollten wir anders hören, als auf uns selber? Unser Körper kennt all unsere „Werte“, wie Blutzucker- und Cholesterinspiegel, und Bedürfnisse und zeigt uns diese an, indem er „Lust“ auf etwas hat. Viel zu oft ignorieren wir das und verlernen auch so, was das Beste für uns ist. Ich werde mich in Zukunft ernster nehmen und meinem Körper zuhören und seine Ratschläge umsetzen. Ich bin gespannt darauf, wie einfach das ist und wie gut die Ergebnisse sind. Zumindest mit Blick auf das Wohlfühlen. Essen wir das, was unser Körper sagt und nicht, was unser Verstand uns vorschreibt, bin ich sicher, dass es auch viel mehr Spaß macht und der Genuss und die Ernährung wieder eins werden.

Auch Stevan Paul hat die Wichtigkeit dieser Verbindung schon lange erkannt und nicht zuletzt im Namen für seinen Blog zum Ausdruck gebracht. „Nutriculinary“ heißt dieser. "Nutri" steht dabei für Nutrition, der Fachausdruck für Ernährung und "Culinary" für das kulinarische und genießerische Element. In einem schönen Interview bei nordhessischer Ahler Wurscht in Berlin betonte er auch noch einmal, wie wichtig es ist vor allem Kindern den Genuss wieder beizubringen. Ich erinnere mich immer wieder mit Schrecken an eine TV-Reportage, in der ein ca. Elfjähriger nach dem Essen einen winzig kleinen Schokopudding aß, direkt aufstand und den Crosstrainer in seinem Zimmer aufsuchte, um diesen mittels eines halbstündigen Programms wieder abzubauen.

Das ist sicher eine Nummer zu krass. Bei genauerem Hinsehen verbirgt sich hier aber die zweite Wahrheit über das Abnehmen. Ohne Bewegung geht nichts. Am Ende des Tages müssen wir einen Blick auf unsere Energiebilanz werfen. Aber dieses Kapitel schlage ich ein andermal auf. Fazit für den heutigen Tag: Hör öfter mal auf deinen Körper, der kennt dich am Besten und zeigt dir was du brauchst und was nicht. Und fang an Ernährung nicht als leidiges Übel zu sehen, sondern genieße, was du zu dir nimmst. Das tut nicht nur dem Körper gut, sondern steigert auch dein Wohlbefinden. In diesem Sinne: Lasst es euch schmecken!

3 Kommentare:

  1. Hallo Jim,
    ein sehr schöner Beitrag. Ich stimme Dir in vielem zu, habe es aber tatsächlich vor 5 Jahren geschafft mehr als 30 Kilo abzunehmen - ohne Sport. Ich habe mich irgendwann natürlich ganz von selbst mehr bewegt, weil es einfach ging, aber wirklich Sport kann man das nicht nennen. Ich halte meine Gewicht seither mit einigen minimalen Schwankungen, aber ich genieße und kann mich in diesem Satz von Dir: "Essen wir das, was unser Körper sagt und nicht, was unser Verstand uns vorschreibt, bin ich sicher, dass es auch viel mehr Spaß macht und der Genuss und die Ernährung wieder eins werden." gut wiederfinden. Wenn auch entfernt vom fragwürdigen "Optimalgewicht" genieße ich jeden Tag qualitativ gutes und gesundes Essen, aber auch die Ausnahmen davon.
    So, viel Text, aber Dein Beitrag hat mir eben wirklich gut gefallen.

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  2. @Mestolo: Vielen Dank und wow, 30 Kio abzunehmen ist schon eine Leistung, wie ich finde. Und es überrascht mich, dass es fast gänzlich ohne Sport geht. Das macht vielen Leuten sicher Mut. Ich war "früher" sehr sportlich und spiele heute noch gern Tennis und Fußball, stoße dabei aber auch schnell an meine körperlichen Grenzen. Das sind die wenigen Momente, in denen ich mich über mein Gewicht ärgere, weil es mich manchmal abhält etwas an der Kondition zu arbeiten. Vielleicht ist es aber doch nur die Gemütlichkeit ;-) Du sagst ja auch Bewegung muss nicht immer gleich Sport sein. Das stimmt. Wenn ich zum Beispiel auf den Markt einkaufen gehe, dann gehe ich auch wirklich hin und greife auf das Auto nur bei strömenden Regen zurück. Diese kleinen Dinge helfen auch schon viel. Und das "Optimalgewicht" ist meiner Meinung nach auch nicht als BMI oder ähnliches auszudrücken, dabei bleiben so viele Faktoren unberücksichtigt. Im Endeffekt ist das wohl auch eine sehr individuelle Sache, die stark mit dem Wohlbefinden gekoppelt ist.
    Auch wieder viel Text, aber das ist ja auch ein Thema über das es viel zu reden gibt.

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  3. Ganz "vernünftig" lässt es sich ja auf den Satz runterbrechen, mit dem du einen Ausblick gibts: "Am Ende des Tages müssen wir einen Blick auf unsere Energiebilanz werfen." Dann ist es auch gleich, ob man seinen Kalorieverbrauch letztlich Sport nennt, Spaziergang, Arbeit oder gar Genuss.

    Lebensmittel (bitte nochmal das Wort auf der Zunge zergehen lassen) sind die einzige Substanz, die wir einmal komplett und ungeschützt unseren Körper durchqueren lassen. Bedenkt man das, sollte eigentlich auf der Hand liegen, dass man seine Lebensmittel mit Verstand auswählt. Das Gefühl dafür, was der Körper möchte - ich lasse mal dahingestellt, ob man tatsächlich zwischen Körper und Geist unterscheiden kann - darf nur nicht unnatürlich werden. Dann wird es zu einem Problem. In beiden Richtungen bzgl. Über- und Unterernärhung. Ich glaube, das wiederum hat viel mit der individuellen Sozialisation zu tun. Mit einem Gespür dafür, wie man mit dem fraglos vorhandenem Überangebot an mal mehr mal weniger zuträglichen Leckereien umgeht. Und damit wird vermutlich auch klar, dass das Thema sehr komplex und nur schwer zu überschauen ist. Aber auch eine lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt.

    Was mir persönlich zu schaffen macht ist, dass ein SEHR großer Anteil von Kindern und Jugendlichen ein schlechter Start bereitet wird. Wenn man stellenweise ließt, was in der Presse behandelt wird, verschlägt es einem schon ab und an den Atem. Oder den Appetit.

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